frü­her…

Sta­ti­ve waren in Zei­ten nied­ri­ger Film­emp­find­lich­kei­ten und lang­sam bedien­ba­rer Kame­ras unab­ding­bar. Wenn man mit Groß­bild pho­to­gra­phiert, dann ist zwi­schen dem Ein­rich­ten der Kame­ra (mit schwar­zem Tuch auf der Matt­schei­be) und der Auf­nah­me stets die Film­kas­set­te ein­zu­ste­cken, das Objek­tiv (d.h. der Ver­schluss) zu schlie­ßen. Anschlie­ßend wird der Schutz­schie­ber gezo­gen, belich­tet. Erst dann kann es ans nächs­te Motiv gehen.

Die­se Art der Pho­to­gra­phie war in 19. und 20. Jahr­hun­dert üblich. Die Kame­ras wur­den hand­li­cher, bei einer Spie­gel­re­flex­ka­me­ra oder einer Sucher­ka­me­ra braucht es sel­ten Sta­ti­ve. – Es sei denn, jemand möch­te Was­ser im Fluss (= flie­ßend) zei­gen o.ä. Dann hel­fen Neu­tral­grau-Fil­ter und lan­ge Belich­tung. Und wenn man dann meh­re­re Sekun­den lang belich­tet, dann hilft so ein Sta­tiv natürlich.

Heu­te geht es mir um ande­re Aspek­te des Sta­tiv­ge­brauchs. Klar ist: Ein Sta­tiv mit mir her­um­zu­tra­gen, das ist läs­tig. Am liebs­ten habe ich nur eine Kame­ra bei mir, ein Objek­tiv. Dann ist das Sta­tiv ein erheb­li­cher (Mehr-)Ballast.

heu­te

Mei­ne Lösung war: Meh­re­re Sta­ti­ve je nach Kame­ra und Zweck. So kann ich mit einem klei­nen und leich­ten Sta­tiv mir hel­fen, sofern ich nicht zu hoch muss mit der Kame­ra. Mit allen Mög­lich­kei­ten und schwe­ren Kame­ras aber hilft nur ein aus­ge­wach­se­nes Sta­tiv. Inzwi­schen habe ich vier Kame­ra­sta­ti­ve in Betrieb.

Neben den tech­ni­schen Zwän­gen ist es aber auch so, dass der Gebrauch des Sta­ti­ves zwei zusätz­li­che Nutz­ef­fek­te bringt:

  1. Die grö­ße­re Tie­fen­schär­fe bei nied­ri­ger Emp­find­lich­keit.
    Wenn ich mit einer Klein­bild­ka­me­ra unter­wegs bin (oder mit einer digi­ta­len), dann sind licht­star­ke Objek­ti­ve mög­lich. Bei Blen­de 2,0 o.ä. aber ist fast nichts scharf. Das kann man bewusst ein­set­zen, hin-und-wie­der. Es passt aber bei wei­tem nicht immer. Wenn ich aber einen nied­rig­emp­find­li­chen Film in der Kame­ra habe (z.B. ISO 100/​21°), und den mit Gelb­fil­ter und ange­pass­ter Ent­wick­lung belich­te, bleibt kei­ne Luft, wei­ter ab zu blen­den. Die Belich­tungs­zei­ten wür­den für Bil­der aus der Hand zu lang. Oft wäre aber Blen­de 5,6 bes­ser und manch­mal gar f/​8 oder f/​11 – und das geht eben nur, wenn ich ein Sta­tiv dabei habe. Selbst drau­ßen. Ich näm­lich mag nicht immer das Korn hoch­emp­find­li­cher Fil­me. Auch die digi­ta­len Kame­ras nut­ze ich meist auf der Basis­emp­find­lich­keit, denn dort gibt es den größt­mög­li­chen Dyna­mik­um­fang und das gerings­te Rauschen.
  2. Die bes­se­re Kom­po­si­ti­on.
    Gera­de bei qua­dra­ti­schen Bil­dern ist die Kom­po­si­ti­on über­aus wich­tig. Wenn irgend mög­lich ver­wen­de ich die Bil­der inklu­si­ve des Nega­tiv-Ran­des, bei Has­sel­blad mit den bei­den »Nasen« beson­ders hübsch, aber auch sonst: Eine natür­li­che Umrah­mung qua­si. – Ich hat­te ein­mal eine Mami­ya 6, eine Mess­su­cher-Kame­ra im 6 x 6 For­mat, und so durch­dacht die Kame­ra und die Bedie­nung waren: Mir fiel auf, wie die Bil­der, die ich auf­nahm, oft kom­po­si­to­risch nicht opti­mal waren. Hier war zu viel drauf, da zu wenig. Eine Linie im Motiv lag nicht auf einem Drit­tel usw. Bei einem Schacht­su­cher mit Matt­schei­be, auf die ich mit bei­den Augen sehe, bei den ent­spre­chen­den Kame­ras (habe sogar einen Schacht­su­cher zur Nikon F4), ist die Kom­po­si­ti­on deut­lich ein­fa­cher und aus­ge­wo­ge­ner, zumal dann, wenn die Kame­ra auf das Sta­tiv mon­tiert wird.
    So schön eine »Hand­ka­me­ra« ist, vom Sta­tiv aus stimmt bei der Kom­po­si­ti­on (bei mir) mehr. Da gibt es sicher per­sön­li­che Unter­schie­de, aber: Wer wirk­lich in den Gren­zen des Nega­tiv­for­mats kom­po­niert, kann m.E. ein­fa­cher mit einem Sta­tiv zum Ziel kommen.

also schlep­pen?

Das muss nicht sein. Als ich mein ers­tes rich­ti­ges Sta­tiv kauf­te, habe ich mich für ein Alu­mi­ni­um­sta­tiv von Man­frot­to ent­schie­den, gegen das Koh­le­fa­ser-Gegen­stück eines fran­zö­si­schen Her­stel­lers. Kar­bon­sta­ti­ve gal­ten als split­ter­ge­fähr­det; inzwi­schen habe die Her­stel­ler das wohl bes­ser im Griff. Den­noch benut­ze ich wei­ter­hin Alu­sta­ti­ve. Aber eben je nach Zweck und Kame­ra. – Das macht es tragbar.

Eine Lösung sind die 2 s‑Vorauslösungen, mit denen sich oft z.B. ein Glas auf dem Restau­rant­tisch als (Ersatz-)Stativ nut­zen lässt. Im Han­del sind auch gefüll­te Säck­chen (mit Boh­nen, Blei­ku­geln o.ä.) Der Punkt ist: So sta­bil, dass ich die ange­streb­te Blen­de ver­wack­lungs­frei benut­zen kann. Ich habe sel­ten Men­schen oder beweg­li­che Details in mei­nen Bil­dern, und somit kann ich durch­aus mit eini­gen Sekun­den Belich­tungs­zeit leben. Klar, bei Film ist dann der Schwarz­schild­ef­fekt zu beach­ten. Aber den kann man in den Griff bekommen.

Die Erfor­der­nis­se an die Auf­nah­me­tech­nik fol­gen aus den inten­dier­ten Bildern

Hoch­auf­lö­sen­de Kame­ras (im digi­ta­len) und hoch­auf­lö­sen­de Fil­me (die mich schon immer fas­zi­nier­ten, ob nun als Giga­bit­film oder Tech­ni­cal Pan) erfor­dern eine gestei­ger­te Schär­fe, die beim Gebrauch der Arbeits­blen­de sich aus­wirkt. Einer­seits ist meist im Bereich von zwei Blen­den unter Maxi­mal­öff­nung der Objek­ti­ve das Auf­lö­sungs­ma­xi­mum und mini­mier­te Vignet­tie­rung erreicht. Ande­rer­seits rei­chen »durch­schnitt­li­che« Zer­streu­krei­se eben nicht für einen »schar­fen« Bild­ein­druck nach den Maß­stä­ben der Hoch­auf­lö­sungs­pho­to­gra­phie. Also muss früh mit Ver­stel­lun­gen (Groß­bild, Mit­tel­for­mat) gear­bei­tet wer­den, um hin­rei­chend Tie­fen­schär­fe zu erzie­len. Oder ich muss wei­ter abblen­den als ich das gern möch­te. – Bei­des führt zu lan­gen Belich­tungs­zei­ten oder gestei­ger­tem Blitz­lich­be­darf. Wenn bei nor­ma­len Anfor­de­run­gen f/​8 reicht (laut Ska­la auf dem Objek­tiv), kann es gut sein, dass ich eher bei f/​16 lan­de, klar, mit ande­ren Schwie­rig­kei­ten: Beu­gungs­un­schär­fe usw. – Bei Mit­tel­for­mat aber noch vertretbar.

In einem jour­na­lis­ti­schen Bild, auf­ge­nom­men auf Kod­ak Tri‑X, ist das Korn bild­wirk­sam, zumal wenn der Film ent­spre­chend auf eine höhe­re Emp­find­lich­keit als den Nenn­wert gepusht wur­de. Die nutz­ba­re Ton­wert­kur­ve ist aber auch begrenzt. Das kann man mögen. Das ande­re aber, eine qua­si korn­lo­se und ton­wert­rei­che Palet­te, das bedeu­tet gestei­ger­te Sorg­falt bei der Auf­nah­me- (und ggf. Labor-)technik. – Oft bedeu­tet es, eher sta­ti­sche Moti­ve zu wäh­len und ein Sta­tiv zu benutzen.

Wer ein Sta­tiv braucht und wer nicht…

Wenn nun jemand mit aktu­el­ler digi­ta­ler Tech­nik arbei­tet, sich mit mit­tel­gro­ßen Dru­cken (wenn über­haupt) zufrie­den gibt und vor allem mit Schär­fe vs. Unschär­fe gestal­tet, der braucht kaum ein Sta­tiv. Hier ist eher zu beach­ten, ob die Qua­li­tä­ten der Unschär­fe (das Bokeh) des benut­zen Objek­tivs über­zeugt. Bild­sta­bi­li­sa­to­ren hel­fen, oft noch zwei oder drei Zeit­stu­fen län­ger ver­wa­cke­lungs­frei zu belich­ten als das ohne tech­ni­sche Unter­stüt­zung mög­lich wäre. Das gilt auch für Men­schen, die vor allem mit Stu­dio­blit­zen arbei­ten: Hier ist heut­zu­ta­ge fast belie­big viel Licht bequem ver­füg­bar (aber in ent­spre­chen­der Qua­li­tät noch immer nicht billig).

Wer an die Gren­zen geht, auf Film arbei­tet, Fove­on-Sen­so­ren nutzt oder den Regeln der f/64-Grup­pe folgt – eben kei­ne Unschär­fen z.B., maxi­ma­le Ton­wert­pa­let­te… – der wird kaum ohne Sta­ti­ve auskommen.

Mich selbst ver­or­te ich eher in der letzt­ge­nann­ten Grup­pe: Ich brau­che Stative!