Das »Wesen der Kunst« scheint noch immer ein The­ma, nicht allein in Dok­tor Mur­kes gesam­mel­tem Schwei­gen für Pro­fes­sor Bur-Malott­ke. Alle Welt denkt in Tex­ten, Pod­casts, You­tube-Vide­os usw. dar­über nach, was Kunst aus­ma­che und als Kunst bestimme.

Nach­zu­den­ken fin­de ich nicht schäd­lich. Allein: Es bringt auch nicht viel Nutz­wert, denn vie­le hal­ten die je eige­nen Schöp­fun­gen für Kunst, zumin­dest aber für künst­le­risch. Zei­tun­gen titeln mit »Kunst als Geld­an­la­ge« (und damit steht sie auf einem denk­bar nied­ri­gen Niveau, ähn­lich wie Edelmetalle).

Steu­er­lich ist klar: Künst­ler ist, wer aus der von ihr oder ihm geschaf­fe­nen Kunst den größ­ten Teil sei­ner oder ihrer Ein­künf­te erzielt. Dem Finanz­amt ist dann gleich, ob Pixel mani­pu­liert wer­den, mit Öl gemalt wird oder jemand als Ton­künst­ler arbei­tet. In der Regel arbei­tet man frei­be­ruf­lich und muss eben Geld mit dem Tun erwirt­schaf­ten. – Da aber beginnt das Dilem­ma: Wie ist es eigent­lich mit einem bei der Lan­des­kir­che beschäf­tig­ten Orga­nis­ten, der ja deut­lich nicht frei­be­ruf­lich ist. Viel­leicht sogar in gewis­ser Hin­sicht wei­sungs­ge­bun­den. Kann der noch »Ton­künst­ler« genannt werden?

Für mich selbst habe ich den Begriff der Kunst, weil er so viel­deu­tig und so wenig prüf­bar ist in sei­ner Ver­wen­dung, weit­ge­hend aus mei­nem akti­vem Wort­schatz gestri­chen. Sät­ze wie »Kunst ist, was im Muse­um hängt« und »rich­tig ist, wie es im Duden steht« sind mir nicht genug.

Ande­rer­seits fin­de ich zwar nach­voll­zieh­bar, dass Sean Tucker in sei­nem Band »The Mea­ning in the Making« (ver­glei­che den vor­he­ri­gen Bei­trag hier im Blog) den Aspekt der Ord­nung (ent­ge­gen der zuneh­men­den Entro­pie aller Din­ge) betont, ande­rer­seits emp­fin­de ich das zwei­te Kapi­tel »Logos« als sehr wenig über­zeu­gend. Da kommt eine Art von Meta­phy­sik durch die Hin­ter­tür. Wenn dann spä­ter von van Gogh gespro­chen wird (im sel­ben Buch), dann ist das Kri­te­ri­um letzt­lich doch die (zwar spä­te aber immer­hin) Aner­ken­nung der Kunst des Künst­lers durch eine Fach­welt. Er kam eben zu früh, um davon leben zu kön­nen. Sei­ne Zeit war nicht reif für sei­ne Ideen.

Das ist ja alles nach­voll­zieh­bar. Allein: Es könn­te ja auch tau­send Jah­re dau­ern, nicht nur um die ein­hun­dert, bis jemand aner­kannt wird. Oder es pas­siert nie. Für eine Ent­schei­dung, wer nun Künst­ler ist, taugt das alles nicht recht. Wenn zutrifft, dass man alles, was man klar den­ken kann, auch klar sagen kann (Witt­gen­stein), dann ist mei­ne Fol­ge­rung: Kunst als Begriff mei­de ich.

Was unter­schei­det die Wer­ke des »Street­art-Künst­lers« Bank­sy von dem gesprüh­ten Wort »Künst­ler« oben? Und: Sind die Unter­schie­de wirk­lich kate­go­risch oder nur gra­du­ell? Einig sind wir uns sicher, dass Geschmack sehr unter­schied­lich ver­teilt ist. Man­che mögen »Wer­ke« oder »Objek­te«, die ande­re nicht mögen. Vie­les, das ich mir in einer Aus­stel­lung ger­ne anse­he, wür­de ich nie in mein Wohn­zim­mer hän­gen, nicht allein, weil es mir zu teu­er ist. Son­dern auch, weil es zwar anre­gend, aber nicht ins Umfeld pas­send wäre.

Die Bedeu­tung von etwas für jeman­den ist sehr ver­schie­den. Das Kin­der­bild mag für jeman­den aus der Fami­lie eine beson­de­res Bedeu­tung haben. Dar­um wird es gerahmt und auf­ge­hängt; das Bild, nicht das Kind, hoffentlich.

Immer wie­der ein­mal habe ich dar­über nach­ge­dacht, ver­brauch­te oder ver­brann­te Wor­te zu sam­meln. Kunst und Künst­ler wäre in jedem Fall dabei. – Und wenn ich mir das Pho­to hier anse­he, pro­vo­ziert mich immer wie­der das laut »Vor­schrif­ten für den Schrift­satz« fal­sche schlie­ßen­de Anfüh­rungs­zei­chen (das wäre englisch).

Zum Bild: Auf RPX-100 mit einer Klein­bild-Spie­gel­re­flex­ka­me­ra auf­ge­nom­men mit einem 85 mm-Objek­tiv, wäh­rend ich an einer roten Ampel war­te­te. – Inzwi­schen ist der Schrift­zug längst übermalt.