Im All­tag sehen, lesen und hören wir viel Kurio­ses. Über das meis­te kom­men wir schnell weg, weil wir meist unter Stress ste­hen, unser Ziel errei­chen müs­sen, kei­ne Muße haben für die Din­ge und Men­schen um uns her­um. Das ist bei Fla­neu­ren anders. Ich schrieb hier bereits dazu.

Drau­ßen, da, wo ande­re sind, zu sein, bloß um zu beob­ach­ten, zu hören, das ist für mich ein außer­ge­wöhn­li­cher Zustand, den ich aber sehr schät­ze. Ich brau­che eine gewis­se Zeit lang, um in den Modus zu gelan­gen. Pho­to­gra­phisch bin ich am pro­duk­tivs­ten allein, weil ich dann nicht z.B. auf mei­nen Nef­fen ach­ten muss und auf das, was er gera­de sieht. – Das ist auch ver­gnüg­lich, aber eine ganz ande­re Her­aus­for­de­rung. Mit ihm bin ich gern unter­wegs, Bil­der aber ent­ste­hen so kaum.

Wenn ich den nor­ma­len All­tag sehe und beob­ach­te, dann fin­den sich immer wie­der ein­mal Kon­stel­la­tio­nen von Details, von Ton­wer­ten, Struk­tu­ren, von Tei­len, die mein Bild-Puz­zle ver­voll­stän­di­gen. Manch­mal bin ich von etwas, das ich sehe, sofort beein­druckt. Manch­mal dau­ert es meh­re­re Jah­re, bis ich bei der Durch­sicht von Kon­takt­ab­zü­gen, Nega­tiv­strei­fen oder Datei­en Bil­der entdecke.

Hier war ich in Wei­mar unter­wegs. Den Hof-Pho­to­gra­phen gibt es nicht mehr, bloß noch als Stein-Inschrift. Heu­te ist da ein Restau­rant. Das ange­se­he­ne Hand­werk für Spe­zia­lis­ten ist heu­te zum Zeit­ver­treib für alle (mit Han­dy oder Digi­tal­ka­me­ra) gewor­den. Zumin­dest gibt es bedeu­tend mehr Bil­der als frü­her. Inzwi­schen sind die Han­dy- und sons­ti­gen Digi­tal­bil­der oft tech­nisch gut. Dass Bild­auf­bau weni­ger auto­ma­ti­sier­bar ist als Belich­tung oder Farb­ab­gleich: Geschenkt.

Mir ist jeden­falls für mich bewusst: Ich brau­che Muße, einen Modus des Fla­nie­rens. Außer­dem bedarf das Bil­der-Den­ken eines rela­tiv frei­en Kop­fes. Das kann ich mir nicht mit Kopf­schmer­zen oder Sor­gen vor­stel­len, die mich beset­zen. Der ers­te Akt ist die Auf­nah­me. Güns­ti­ge Umstän­de, eige­ne Bereit­schaft und ein Motiv, das mich anspricht, müs­sen zusam­men kom­men. Der zwei­te Akt ist dann die Aus­ar­bei­tung, das Ent­wi­ckeln von Nega­tiv oder Datei und die Auf­be­rei­tung zu einem fei­nen Bild. Auch hier kann noch etwas schief­ge­hen. Wenn der ers­te Akt gelun­gen ist, besteht eine hohe Wahr­schein­lich­keit, dass sich ein brauch­ba­res Bild mit etwas Übung, Fleiß und Mühe wird erstel­len lassen.