Das Bild oben entstand in einer Kaffeebar in Kopenhagen mit einer Kleinbildkamera. Ich selbst saß da, trank meinen Kaffee und schrieb in mein Notizbuch wie so oft, wenn ich durch Städte laufe und immer wieder auch über das nachdenke, das ich da sehe. Während ich meinen Kaffee trinke und in mein Notizheft schreibe, lege ich die Kamera auf den Tisch. Da liegt sie gut, deutet auf die junge Frau am Fenster.
Auf dem Bild ist wenig an Details erkennbar. Ja, es ist scharf, mehr oder weniger. Hinreichend. Aber: Dieses Photo lebt nicht von den Details, nicht von dem, was man alles erkennen kann. Vielmehr ist die eigentliche Geschichte diejenige, die in unseren Köpfen sich entwickelt. Warum sitzt sie da allein? Wartet sie auf jemanden? Auf eine Freundin oder auf ihren Freund?
Klar, das alles sind Fragen, die sich jeder auch bei einem Bild von mir stellen könnte. Allein: Ich sitze nicht so gut belichtet am Fenster, sondern eine Reihe weiter an einem Tischchen, an dem ich ja schreibe. Wenn ich nicht gerade photographiere. – Das Licht draußen ist gerade noch nicht zu viel. Ein trüber Tag. Karsamstag. So passt der Kontrast für meine Zwecke. Die Innenseite der Frau ist nicht zu dunkel, die Seite, die zum Fenster zeigt, ist nicht zu hell.
Mich spricht an, dass dieses Photo so ganz anders als Bild funktioniert als viele andere meiner Aufnahmen. Hier wird im Bild nicht viel gezeigt. Dennoch höre ich, dass viele eine Geschichte im Kopf entstehen lassen, wenn sie das Bild betrachten. Gleichermaßen alltäglich und trivial wie speziell, aber doch so, dass wir die Szenerie wiedererkennen. Wir alle waren schon mal in Cafés. Die Kleidung, Frisur, Haltung der Frau sind nicht langweilig, aber auch nicht so speziell, dass sie alle Aufmerksamkeit auf sich zögen. Also schauen wir auf etwas, das uns an ähnliche Szenen erinnert. – Und schon schaffen wir uns eine eigene Geschichte zum Photo.