Beim Umherstreifen fand ich diesen etwas in die Jahre gelangten Kaugummiautomaten. Gemeinhin richten sich die Angebote dort an kleine Kinder. Eigentlich nicht mein Beritt. Andererseits äußert sich eine gewisse alternative Kultur auf der Straße in Graffitis und eben auch in Aufklebern respektive Stickers.
Jemand schrieb mal, dass man, wenn man etwas über eine Gesellschaft lernen wolle, den Zustand der öffentlichen Toiletten betrachten möge und wie mit Bettelnden umgegangen werde. Sicher kein schlechter Maßstab. In beiden Feldern wäre noch manches zu verbessern.
Man kann selbstredend auch die Fernsehprogramme ansehen, um die es im Aufkleber geht. Es gab eine Zeit (lange vor Corona), da war ich in der Mittagspause manchmal bei einem türkischen Imbiss, der Falafel, türkische Pizza usw. anbot. Im Gastraum lief entweder ein türkischer Satellitenkanal auf dem Fernseher. Da wurde Knickhals-Laute gespielt und es wurden Schnulzen gesungen. Nicht mein Programm, aber okay. Wenn ein ZDF-Naturkanal jagende Wildkatzen zeigte, so war das nicht ganz das, was ich zum Mittag brauchte, aber in Ordnung. Wenn das Mittagsprogramm hiesiger Privatsender »Richter Alexander Held« und die keifenden Beschuldigten, Zeugen usw. zeigten, nahm ich mein Mittagessen mit und setzte mich ein Stück weiter auf eine Bank. Das ertrug ich damals bereits nicht.
Statt TV heute eher Smartphone…
Heute ist es wahrscheinlich weniger das Fernsehen, das es auszuschalten gilt. Mehr und mehr sind oder werden wir Sklaven unserer Smartphones. Gestern hatte ich eine CD-Aufnahme (Jazz-Piano) und war so froh, einen guten Grund zu haben, das Handy in den Flugmodus zu versetzen. Einen halben Tag ohne Nachrichten. Okay. Ich habe es dennoch in der Hand gehalten, weil ich mein Aufnahmegerät (ein SoundDevices-Recorder) via Bluetooth steuerte.
Zugegeben: Das Leben ist kein Wunschkonzert. Und Gott ist kein Kaugummiautomat: Gebet rein, Wunscherfüllung raus. Ich fand diesen Aufkleber und den Automatenmechanismus jedenfalls für mein Photo hinreichend. – Und genau das ist das (gerade analoge) Photographieren für mich: Das mediale Abschalten. Ich laufe umher, sehe mir die Welt um mich an, auch die Details, die ich sonst vielleicht nicht wahrnehme, wenn ich abgelenkt bin. Das handwerkliche Umgehen mit Film und Entwickler, mit der Mechanik der Kamera, das erdet mich und tut mir gut. – Wenn hin und wieder etwas dabei heraus kommt, das zumindest einzelne andere anregt oder erfreut: Wunderbar. – Leica M6 mit Summicron 2.0÷50, Rollei RPX-100 in D76 (1+1).