In der zeitgenössischen Photographie gibt es einen Hang zur Dramatisierung. Viele dunkle Passagen werden rein schwarz wiedergegeben. Bei kleinen Aufnahmeformaten, 35 mm Film etwa, und anschließenden Vergrößerungen ist es schwierig, mehr als Korn in den dunklen Bereichen zu zeigen.
Manche verstanden diese technischen Einschränkungen als Tugenden, denn sie wollten mit den kleinen Kameras das Leben einfangen. Und wenn es eben dunkel ist, dann bedeutete das, dass eben die Schattenpartien große schwarze Löcher im Bild wurden.
August Sander, der mit seinem Mappenwerk »Menschen des 20. Jahrhunderts« ein »Soziogramm der deutschen Gesellschaft« photographierte, soll gesagt haben, dass er keine ungeklärten Tiefen (also Bereiche, in denen nichts im Negativ zu sehen ist) wünsche. Da, wo das Negativ durchsichtig ist, bleibt nur schwarz im Positiv.
Wenn aber selbst im schwarzen Anzugstoff die Schuss- und Kettfäden des Gewebes unterschieden werden können, kann man sich später entscheiden. Man kann heller oder dunkler wiedergeben, was da ist. Wo nichts da ist, entfällt die Entscheidung.
Die Frage der Wiedergabe ist eine Stilfrage. Die technische Machbarkeit aber ist auch abhängig von der Technik. Die Sensoren in Digitalkameras hatten lange einen begrenzten Dynamikumfang. Man musste also früh entscheiden, was vom großen Motivkontrast wichtig war. Das andere ließ man weg, weiß, ausgebrannt. Oder schwarz.
Die Entscheidung für die Wiedergabe möchte ich gerne möglichst ästhetisch treffen, also nicht aus technischer Notwendigkeit. Das setzt aber Negative voraus, die gut durchgezeichnet sind. Die Schatten und Lichter abbilden. Bei der Vergrößerung (oder digitalen Ausarbeitung) kann ich dann den Weiß- und Schwarzpunkt setzen. Im Photolabor wähle ich die Gradation meines Photopapiers entsprechend.
Feine Tonwerte sind bei Kleinbild harte Arbeit. Bei Mittelformat und erst recht im Großbildformat ist das deutlich einfacher, weil die Vergrößerung oft nicht so stark ausfällt und den »Blow Up«-Effekt nicht bestärkt. Das meint, dass ein satter Werbeaufdruck auf einem Luftballon beim Aufblasen des Ballons immer trüber wird. So geht es den Tonwerten leider auch. Je stärker vergrößert wird, desto härter muss man arbeiten. Sonst reicht die Bildinformation nicht. Wenn ich mit drei oder vierfacher (10 x 15 von KB) Vergrößerung auskomme: Prima. Fünf- (Kleinbild auf 13×18) bis zehnfach (24 x 36) geht. Wenn ich aber von 6×7 Negativen ausgehe, komme ich auf ca. 22×28 (bei 4‑facher linearer Vergrößerung).
Wenn ich dann noch dem Motivkontrast angemessen belichte und entwickle, etwa nach dem so genannten Zonen-Messsystem, dann steht feinen Tonwerten nichts im Wege. Hier mit 6x7-Negativ in einem früheren Walzwerk in Ilsede (bei Peine). Da steht dies Wehr. Recht dunkel, aber mit doch großen Kontrasten, zumindest für den RPX-25, einen feinkörnigen Rollfilm von Rollei, der bei der Belichtung eher anspruchsvoll ist.
Bei meinen Bildern arbeite ich an den Tonwertpartituren des Negativs und bemühe mich um passende Aufführungen. Für mich bildet reines Schwarz und reines Weiß so etwas wie den Schlüssel zum Bild, die dürfen meist vorkommen, aber eben nur in geringer Dosis. Um durchgezeichnete Negative bemühe ich mich sehr.
Das ist zumindest nicht unbedingt im Trend der Zeit, aber ich halte dennoch daran fest. Muss ja nicht dem Geschmack aller entsprechen, Hauptsache, mir gefällt es.