Viel Photographie gibt es bei YouTube. Dort wird gelehrt, das Publikum mitgenommen bei einem Photoausflug, Kameras und Objektive und allerlei andere Gerätschaften werden getestet. Teils werden möglichst subjektive, teils bemüht objektive Kritiken abgegeben. Das unterhält; aber es bleibt – abgesehen von den Lehrvideos – weitgehend an der Oberfläche: Es bringt leider oft nicht weiter.
Selbstverständlich kann man sich über einzelne Bilder oder den Stil eines Photographen oder einer Photographin unterhalten. Manchmal ist das anregend. Manche der YouTube-Stars haben einen anregenden Plauderton, der mich immer wieder einmal hineinschauen lässt.
Da aber bei YouTube angesehene Minuten zählen, und also viele Abonnenten, die möglichst vieles anschauen, muss man fortlaufend produzieren. – Das kann man ja machen, aber es passt gerade bei Photokunst kaum. Kunstwerke entstehen nicht mehrfach wöchentlich. Auch braucht ein Bild, das reifen muss, bis klar ist, welche Interpretation bzw. Ausarbeitung passt, zu lange, um mal eben – in ca. zehn Minuten – die Entstehung zu zeigen. Das kann allenfalls jemand machen, der am Ende seiner oder ihrer Karriere auf das eine oder andere Bild zurückblickt.
Wenn man etwas lernen möchte, etwa die Bedienung einer Bildbearbeitungssoftware, dann sind entsprechende Videos hilfreich. Die anderen Gattungen – gerade die, bei denen Leute filmen, während sie photographieren – finde ich für mich wenig hilfreich.
Warum wird so wenig gut photographiert (insgesamt gibt es sicher mehr Bilder als je zuvor, aber keineswegs mehr ausgezeichnete)? Vermutlich liegt das daran, dass die Beschäftigungen, die mühelos sind, kostengünstig und bequem, dass diese Praktiken von vielen betrieben werden. So lange etwas teuer, mühsam, nur nach längerer Einarbeitung oder Ausbildung beherrschbar ist, steht der Prozess einer weiteren Öffentlichkeit im Wege.
Fertigpizza und Koch-Show
So wie Privatsender ihr Fernsehprogramm mit Kochsendungen füllen, die sich vor allem Menschen ansehen, die allenfalls Fertigpizza erwärmen (ja, ich übertreibe!), so lange kann YouTube das photographische Bild als Freizeitbeschäftigung und das Objektiv oder die Kamera als »conversation piece« präsentieren. Das ist wie beim Autoquartett, bei dem niemand unter acht Zylindern und 150.000 EUR Neupreis begeistert ist, obgleich ich froh bin, einen kostengünstigen Kleinwagen zu fahren – besonders möchte ich nicht die Wartungs- und anderen Unterhaltskosten für die Luxus-PKW bezahlen.
Ich brauche keine 30 Bilder pro Sekunde. Habe ich nie gebraucht. – Schon gar nicht kann ich im Wochenrhythmus Bilder produzieren, die mich auch nur selbst nach einem oder zwei Jahren noch begeistern. Ja, ein paar solcher feinen Bilder habe ich (aufgenommen und ausgearbeitet), aber wenn das im Jahr eines ist oder zwei, dann ist das viel.
YouTube kann man so freilich nicht bestücken, der Algorithmus würde bestrafen, so selten zu veröffentlichen. – Und wenn ich da manches sehe, dann geht es mir wie im Tatort-Krimi: Hat nichts mit dem Leben zu tun, aber es unterhält (leidlich).
Trotzdem folge ich etwa einhundert Leuten bei YouTube, die sich mehr oder weniger mit Photographie beschäftigen. Erstaunlich.