In analogen Zeiten hatte man wenige Freunde, die sich auch für Photographie und Bilder interessierten. Mit denen traf man sich von Zeit zu Zeit und zeigte einander ein paar aktuelle Bilder. Ich hielt es jedenfalls so. Von Zeit zu Zeit mache ich das noch immer, und es hat eine ganz eigene Qualität, über Bilder zu sprechen, die als Druck oder Vergrößerung in die Hand zu nehmen sind.
Inzwischen aber gibt es mit dem Internet viele andere Wege, sich mit anderen über Bilder auszutauschen. Meine MonoChrom-Cast PodCasts sind ein Mittel für mich, und ich erhalte hin-und-wieder anregende Rückmeldungen. Ich höre aber auch viele PodCasts anderer, denn der Vorzug ist, dass ich so (bei der Küchenarbeit oder anderen Dingen, wo ich nicht unbedingt auf den Bildschirm schauen kann) anregende Gedanken anderer höre, die eben auch photographieren.
Ich schätze auch Flickr, habe den Eindruck, dass die Qualität der Bilder seit der Übernahme eher steigt. Dort folge ich vor allem solchen Leuten, die auch analog photographieren. – Aber: Man muss auf den Bildschirm sehen.
Podcasts haben den Vorzug, dass ich sie hören kann: Ich kann zum Beispiel (in meinem Fall handschriftlich in einem meiner Notizhefte) über das Gehörte nachdenken. Auf dem Photo oben geht es um den ersten Rant (also einen erbosten Beitrag) des Ted Vieira (Photography Matters Podcast), in dem er über Bilder spricht, die nicht von einem Menschen mit einer Kamera aufgenommen sind, sondern von künstlicher Intelligenz erzeugt. Portraits von Menschen, die es nicht gibt, Landschaften, die aus Elementen erstellt sind. Hier geht es zu diesem PodCast. An Ted Vieira schätze ich besonders seinen angenehmen Ton, seine Ruhe und Begeisterung fürs Photographieren und auch für die Bilder anderer. In dieser Folge ist er weniger versöhnlich.
Jeffery Saddoris ist ein begnadeter Konversationspartner, der mit anderen ins Gespräch zu kommen weiß, der die richtigen Fragen stellt. Auf seiner Website finden sich unterschiedliche PodCasts, kürzere und längere, auch solche, in denen er allein über etwas nachdenkt. Ich höre gerne seine Interviews oder eher passend: Dialoge, besonders wenn ich im analogen Photolabor stehe. ProcessDriven ist ein längeres und dialogisches Format, seine Iterations sind kurze Gedanken zu etwas und InBetween ist (wie der Name schon sagt) dazwischen. Auf seiner Website gibt es aber auch die (offiziell abgeschlossene) Reihe On Taking Pictures zu hören, 325 Folgen seit 2012, einmal wöchentlich bis zum Sommer 2018.
Jeff Curto ist Photographie-Dozent im aktiven Unruhestand. Er veranstaltet Workshops und von Zeit zu Zeit kommt ein neuer Camera Position PodCast heraus. Wer sein Archiv aber erst einmal durchhören möchte, kann dort 208 Folgen mit anregenden Gedanken finden. Mich haben einige so angeregt, dass ich Gedichtbände und Werke über Kreativität aus psychologischer Sicht mir beschafft habe. Auch habe ich Bilder und Menschen kennengelernt, die ich sonst nicht entdeckt hätte. Auf Jeff Curtos oben genannter Seite ist auch ein PodCast mit elf Folgen zur Geschichte der Photographie zu finden: Wo sonst hört man Anregendes über Cyanotypien oder über die Bilder des Lewis Carroll?
Seit einiger Zeit folge ich auch Ibarionex Perello und dessen PodCast The Candid Frame. Inzwischen gibt es 468 Folgen mit Gesprächen. Sehr unterschiedliche Dialogpartner sind es, die da sich ins Gespräch verwickeln lassen. Ich habe erst rund sechzig Folgen gehört. Die aber regen mich auch an, Zeitgenossen und Ikonen der Photographie einmal anders zu hören.
Die Liste ließe sich sicher noch erweitern. Mir kommt es so vor, dass für die aktuelle Aufnahmetechnik eher YouTube das Medium der Wahl ist. Wer also überlegt, ob eines oder das andere aktuelle Objektiv anzuschaffen ist, der findet dort sicher einen Vergleich. Aber das ist wie die Zeitung von heute: Morgen oft schon überholt. Wer sich für Komposition oder Einsichten in frühere NASA-Gebäude mit analogem Mittelformat interessiert oder hören möchte, wie andere es schaffen, nicht in der Flut der Bilder zu ertrinken, die ihnen soziale Netzwerke präsentieren, der tut gut, PodCasts zu hören. Vielen Dank denen, die oben genannt sind. Mich regt das Hören an.