Johann Kuhnau war Bachs Vorgänger als Thomaskantor in Leipzig. Für begabte und bemittelte Laien schrieb er seine »Biblischen Historien«, also quasi Programmmusik zu biblischen Erzählungen. Jeweils vor die sechs Musikstücke, teils mit zahlreichen Sätzen, stellt er eine Einleitung in die biblische Geschichte, die er dann im Folgenden musikalisch gestaltet.
So weit, so gut. Die Stücke zu spielen, das erfordert ein gerütteltes Maß an technischem Können. Wüsste nicht viele Laien, die heute diese Stücke angehen würden. Immerhin kenne ich einen Profi, Fritz Siebert, der in zwei Konzerten alle sechs Historien aufführt: Der zweite Teil folgt am Sonntag, 7. April 2019 um 17 Uhr in der Kirche im Stephanstift. – Wie beim ersten Teil übernehme ich den Part der Rezitation.
Dieses barocke Deutsch ist durchaus auch eine Herausforderung, wenngleich kein Vergleich zur Musik. Diese langen Sätze mit allerlei inzwischen unüblichen Kasualendungen (»Kuhnauen«), mit »hülfe« und »itzt« usw. sinnvoll zu rezitieren, das erfordert, dass ich mich vorbereite. Allein schon, um die Betonung so zu setzen, dass die Bandwurmsätze (gegenüber denen Paulus ein Waisenknabe war) überhaupt verständlich werden.
Mit dem Titel »Lesen werden Sie doch können…« sprach eine frühere Gemeindemitarbeiterin eine überraschte Gottesdienstbesucherin an, mit der Bitte doch die Textlesung zu übernehmen. Natürlich können viele hierzulande lesen. – Leider bei weitem nicht alle, die Anzahl funktionaler Analphabet/inn/en steigt. Andererseits ist es eines, einen Roman in der Stadtbahn zu lesen aber etwas anderes, einen Psalmtext so zu lesen, dass die Gemeinde davon begeistert oder ergriffen würde.
Bei Kuhnau ist gefordert, dass der Rezitator (in diesem Falle rein männlich, ich bin es ja selbst) an einigen Stellen mitten im Spiel Zwischentexte oder Ereignisse gleichsam einwirft. Das wiederum erfordert, dass man den Notentext mitliest. Keine hohe Kunst, aber auch etwas, was leider viele in der Schule kaum gelernt haben.
Nebenbei: Es handelt sich um überaus hörenswerte Musik und die einleitenden Texte sind, einigermaßen gut rezitiert, hoch vergnüglich zu hören. Insofern sind Kuhnaus »Biblische Historien« durchaus ein Hörgenuss im umfassenden Sinne. Ich lade herzlich ein zum zweiten Teil am 7. April. Der Eintritt ist frei, Spenden ermöglichen die Veranstaltung.